Mexiko Reforma

Highline Weltrekord in Mexiko Stadt

Jeder aus dem Team musste alles geben, damit die längste (217 m) und zugleich höchste (247 m) urbane Highline realisiert werden konnte. Der Aufbau und die Genehmigungen waren fast so anspruchsvoll wie der Lauf selbst, für den Alex alle seine Erfahrung und sein gesamtes Können brauchte. Unter dem Video-Clip findet ihr Alex packenden Bericht:

Auswahl Medienberichte

Der Spiegel | Slackline Weltrekord - Wackelpartie in 247m Höhe

DW Akademie | Schwindelfrei und kurzsichtig

Bayerischer Rundfunk | Balanceakt zwischen Hochhäusern

Blickpunkt Lateinamerika | Schwindelfrei und kurzsichtig

Freeman | Nuevo Record Mundial de Highline Urbano en la Ciudad de Mexico

Il Foglio | Con la testa fra le nuvole: Schulz segna il nuovo record mondiale di highline

Posta | Alexander Schulz rompe récord de altura en CDMX

WorldTourismGroup | Alexander Schulz bricht Highline-Weltrekord in Mexiko-Stadt

Alex Bericht:

Der Flug ging am 1. Dezember und katapultierte Clemens, Marinus, Johannes und mich aus der heimischen Vorweihnachtszeit mitten hinein in die Hauptstadt von Mexiko, wo zwar auch alles geschmückt war; als wir im T-Shirt durch die Straßen wanderten, die von mexikanischer Lockerheit im Gegensatz zum europäischen Weihnachtsstress geprägt war, fühlte es sich aber einfach nicht alles andere als weihnachtlich an.

Sobald wir den Spot wieder sahen, schlug mein Herz schneller. Der Luftraum zwischen dem Torre Reforma und Torre Bancomer über der größten Straße von Mexiko schrie einfach nach einer Highline - die bisher krasseste urbane Highline im Bezug auf ihre Dimension. Den Reiz für mich macht ihre extreme Ausgesetztheit aus; 200 Meter Höhe in einer Stadt ist im Schnitt exponierter als eine 200m hohe Line im Gebirge; unsere Line in Mexiko City war an den bei weiten höchsten Gebäuden fest und man konnte von dort oben nicht nur die ganze Stadt, sondern sogar mehrere Vulkane sehen...

Alle Beteiligten sind unendlich glücklich und erleichtert, dass wir das Projekt dieses Mal vollenden konnten, nachdem beim 1. Anlauf ein halbes Jahr zuvor eine Behörde die Genehmigung für die Luftraumsperre in letzter Minute zurückgezogen hatte. Der Grund dafür war die Drohne, die wir zum Herstellen der Verbindung benutzen wollten. Den Beamten wollten nicht, dass wir damit rumfliegen. Daran konnten auch Altius Events nichts ändern, die uns beide Male eingeladen haben und nichts anderes machen als - genau - Events zu organisieren.

Uns blieb daher nichts anderes übrig, als die Verbindung klassisch zu legen. Der erste Teil - Seile an beiden Seiten runter lassen - war erwartungsgemäß einfach. Spannend wurde es, als die Verbindung an 30m hohen Bäume vorbeigelegt werden und anschließend über die sechsspurige, viel befahrene Hauptstraße ("Reforma") zu bringen, ohne dass die Schnur dabei irgendwo hängen bleibt. Uns wurde nämlich nur ein Zeitfenster von 20 Minuten um Mitternacht eingeräumt, in dem die Reforma gesperrt wurde.
Während ich für den Lauf am nächsten Lauf Kraft sammelte, hat mein 3-köpfiges Team mit Unterstützung von mexikanischen Seilspezialisten in Windeseile die Verbindung fertig gestellt und anschließend noch das Highline-Setup rübergezogen und gespannt.
Am nächsten Morgen mussten alle um 6 Uhr aufstehen, weil ich zum Sonnenaufgang für ein paar Minuten auf die Line durfte, um mich schon einmal etwas an diese einzigartige Highline zu gewöhnen. Nach ein paar Catches ging es dann relativ gut und ich hatte ein gutes Gefühl für später.

Nach einem ordentlichen Frühstück waren wir um 9 wieder auf dem Torre Bancomer und ich versuchte mich auf dem 2. höchsten Punkt von Mexiko Stadt mit einer 30 minütigen Yogasession zu entspannen - so gut das eben ging, während der Helikopter schon in der Luft war, der gleich LIVE übertragen würde!
Noch 5 Minuten!! Gurt anziehen und einbinden; der Puls geht hoch. Noch 1 Minute, ich setze mich auf die Line. Um kurz nach 10 hieß es dann:

"Wir sind auf Sendung, los gehts!"

So ein groß aufgezogenes und genau getimte Event übt einen enormen Druck aus. Alles hing jetzt nur von mir ab! Was es mental zusätzlich schwieriger machte war, dass ich die Line am Besten in ersten Versuch hätte durchlaufen sollen. Immerhin diesen Faktor fiel nach meinem ersten Fall weg, der bereits nach 10 Metern stattfand. Beim zweiten Versuch komme ich zwar deutlich weiter, aber es fiel mir extrem schwer, die Bewegungen der Slackline auszugleichen; auch deshalb, weil das weiße Band vor dem hellgrauen Hintergrund praktisch unsichtbar war, ich sah kaum die Hälfte des Bandes! Ich fiel. So schnell es ging slidete ich zurück zum Anfang und nachdem Marinus am anderen Ende etwas Spannung abgelassen hat, starte ich sofort wieder; es fühlte sich besser an, aber nicht einmal einem Drittel war trotzdem wieder Schluss.
Ich glaubte nicht mehr daran, dass ich die Line heute durchlaufen konnte. Mir war klar: Ich brauche jetzt eine Pause. Also chillte ich mich neben den Kameramann vom TV an den Ankerpunkt. Während Johannes mich massierte, akzeptierte ich auf einmal die Möglichkeit, dass ich die Line nicht durchlaufen würde. Ich sagte wörtlich zu Johannes:

„Klar wäre es besser, wenn ich sie durchlaufe; aber es ist kein Weltuntergang, wenn es nicht klappt!"

Diese Erkenntnis ließ mich mich innerlich noch viel mehr entspannen wie die Slackline äußerlich, denn wir ließen noch ein paar Zentimeter mehr ab, bevor ich meinen vierten Versuch wagte.
Mit der angepassten Spannung und meinem gechillterem Mindset ging es jetzt zwar deutlich besser als je zuvor, aber die Line war immer noch alles andere als ruhig und erforderte immer noch volle Präsenz und höchste Präzision.

Kurz vor der Mitte fühlte ich, dass mir die dünne Höhenluft beim relativen schnellen Gehen zusetzte. Ich zwang mich, langsamer zu gehen und voll im Moment zu sein; ich spürte, dass ich mich von nichts ablenken lassen durfte, weder von Gedanken ans Durchlaufen oder was ich später in die Kameras sagen würde, noch vom Helikopter, der immer wieder mein Blickfeld kreuzte. Ab der Mitte schaffte ich es, mich mich nur auf die Bewegung der Slackline und meinen Körper zu konzentrieren. Dieser extrem tiefe Flowzustand ist das, was ich am Slacklinen so liebe!
Auf den letzten Metern war ich extrem vorsichtig, da ich jetzt um keinen Preis mehr fallen wollte!
Durch den Höhenunterschied von 8 Metern wurde es ca 10 Meter vor dem Ankerpunkt zu steil zum Weiterlaufen, also saß ich dort kontrolliert ab und hangelte mich zum Rand, wo mich meine Jungs, Altius und die Vertreter von Interproteccion (Sponsor des Events) beglückwünschten. Aber vor allem war ich sofort in einem rießigen Medienrummel gefangen, der mich die nächste halbe Stunde in Beschlag nahm. So stressig das dann auch war, so machte es doch ebenso viel Spaß, das eben Erlebte direkt zu erzählen und so auch mir selbst besser zu merken.
 

Line Facts:

Länge: 217 m
Höhe: 247 m
Durchhang: 10 m
Vorspannung: 2 kN
Laufspannung: 4 kN
Spannsystem: Cobra 2 Flaschenzug
Laufstil: Half Man (Eine Richtung)
Datum: 04.12.2017